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Komponist und Kapellmeister
* St. Ulrich, NÖ (Wien), 25. 10. 1825
† Wien, 3. 6. 1899
röm.-kath., dann evang. AB
Sohn von Johann Strauß (Vater) (1804–1849), Bruder von Eduard (1835–1916) und Josef Strauß (1827–1870), Onkel von Johann Strauß (Enkel) (1866–1939), verheiratet ab 1862 mit Henriette (Jetty) S. (1818–1878), 1878–82 mit der Sängerin Angelika (Lili) Dittrich (1850–1919) und ab 1887 mit der Bankierswitwe Adele Strauß, geb. Deutsch (1856–1930), nachdem beide zum Protestantismus konvertiert und Staatsbürger von Sachsen, Coburg und Gotha geworden waren. – Erste musikalische Unterweisungen erhielt Strauß bei Václav Plachý auf dem Klavier und dem Harmonium; in diese Zeit fallen auch erste Kompositionsversuche. 1837–1841 besuchte er das Schottengymnasium und sang im Chor von St. Leopold. 1841 inskribierte er an der kommerziellen Abteilung des polytechnischen Instituts. Nach dem Tod Joseph Lanners 1843 versuchte Strauß, in dessen Fußstapfen als Musikdirektor zu treten, brach sein Studium ab und lernte – zunächst heimlich – Violine beim Konzertmeister des Vaters, Franz Amon, später bei Anton Kohlmann, einem Geiger des Hofopernorchesters, sowie Generalbaß bei Josef Drechsler. 1844 debütierte er gegen den Willen seines Vaters in Dommayers Casino mit einem eigenen Orchester. Als Nachfolger Lanners wurde er Kapellmeister beim 2. Wiener Bürgerregiment, fand aber nicht das breite Publikum seines Vaters, sodass er 1847/48 im Zuge einer Balkanreise Verdienst suchte. Wieder in Wien, stellte er sich auf die Seite der Revolutionäre und spielte auch nach der Restauration „freiheitliche“ Musikstücke, was zur Ächtung durch den Kaiserhof führte. Nach dem Tod seines Vaters 1849 vereinigte Strauß die beiden Kapellen und sicherte sich – mit Ausnahme der Hofdienste – die ihm bislang verwehrt gebliebenen Auftrittsorte. 1850 spielte er beim Kaisertreffen in Warschau erstmals vor Franz Joseph I. und wurde ab 1852 zur Ausrichtung der Ballmusik am Wiener Hof herangezogen. Im selben Jahr hatte er mit der „Annen-Polka“ seinen ersten großen Erfolg als Komponist und absolvierte seine erste Deutschlandtournee. Durch Überanstrengung verursachte gesundheitliche Zusammenbrüche führten zur Integration von Josef und Eduard Strauß in das Familienunternehmen. 1856–1865 und 1869 gastierte er jährlich in Pawlowsk (Sankt-Peterburg), wo sich ein regelrechter Strauß-Kult entwickelte. Ab 1863 k. k. Hofballmusik-Direktor, leitete er außer den Tanzveranstaltungen bei Hof nur mehr die Konzerte im Volksgarten in Wien. Die übrigen Dienste der Strauß-Kapelle überließ er seinen Brüdern und trat nur noch sporadisch als Dirigent eigener Kompositionen auf. 1864 leiteten die „Morgenblätter“ die Reihe der großen Walzer ein, deren Höhepunkt 1867 der sog. Donauwalzer („An der schönen, blauen Donau“) war. Im selben Jahr gastierte er mit großem Erfolg in Paris und London, bereitete aber auf Betreiben Henriettes den Wechsel vom Musikdirektor zum Operettenkomponisten vor. Ende der 1860er-Jahre übergab er die Leitung der Kapelle seinen Brüdern, ließ sich 1871 von den Hofdiensten entheben und debütierte im selben Jahr mit seiner ersten Operette, „Indigo und die 40 Räuber“, im Theater an der Wien. Von wesentlicher Bedeutung war dabei die Zusammenarbeit mit Richard Genée, der ihm in der Folge als musikalischer Mitarbeiter und gemeinsam mit Friedrich Zell als Librettist zur Seite stand. 1872 gastierte Strauß in den USA, 1873 dirigierte er während der Wiener Weltausstellung eigene Werke, 1874 unternahm er eine Italientournee und präsentierte seine bis heute populärste Operette „Die Fledermaus“. 1875 und 1877 trat Strauß wieder in Paris auf. Seine 1883 bei der Berliner Uraufführung durchgefallene Operette „Eine Nacht in Venedig“ fand in Österreich nicht zuletzt dank der Mitwirkung Alexander Girardis positive Aufnahme. „Der Zigeunerbaron“ (1885) wurde Strauß’ größter Erfolg zu Lebzeiten. 1886 unternahm Strauß, gemeinsam mit Adele, eine Russlandtournee. 1889 erreichte er mit seinem „Kaiser-Walzer“ noch einmal einen Höhepunkt als Tanzmusikkomponist. Die schon im „Zigeunerbaron“ angedeutete Vorliebe für ausgedehnte durchkomponierte Szenenfolgen gipfelte in der komischen Oper „Ritter Pásmán“ (1892). Da der Erfolg jedoch ausblieb, kehrte Strauß widerstrebend zur Operette zurück. Ab 1892 verbrachte er die warme Jahreszeit in (Bad) Ischl, wo er nach Verkauf seines bisherigen Sommersitzes in Schönau die Villa Erdödy erworben hatte. Die Feiern zu seinem 50jährigen Künstlerjubiläum (1894) wurden zu einem Wiener Großereignis. 1899 wurde posthum die von Adolf Müller d. J. angeblich mit S.’ Billigung zusammengestellte Pasticcio-Operette „Wiener Blut“ begeistert aufgenommen und zog zahlreiche „Nachlass-Operetten“ nach sich. Strauß zählt zu den weltweit populärsten und meistgespielten Komponisten aller Zeiten. Als Tanzmusikkomponist gelang ihm gemeinsam mit seinem Bruder Josef die Emanzipation des Walzers von seiner ursprünglichen Zweckgebundenheit hin zu einem Vortragsstück für den Konzertsaal. Zugleich ist Strauß einer der Hauptrepräsentanten der sog. goldenen Operettenära, der mit der „Fledermaus“ und dem „Zigeunerbaron“ zwei Spitzenwerke der Gattung schuf. 1884 wurde Strauß das Bürgerrecht der Stadt Wien verliehen.
Weitere Werke: Aschenbrödel, Ballett, 1901 (von J. Bayer vollendet); 17 Operetten; über 500 Tänze, Märsche, Potpourris und Fantasien für Orchester, u. a.: Tritsch-Tratsch-Polka, 1858, Perpetuum mobile, 1861, Geschichten aus dem Wienerwald, 1868, Wein, Weib und Gesang, 1869, Pizzicato-Polka, 1869 (gem. m. Josef S.), Frühlingsstimmen, 1883; zahlreiche Arrangements fremder Werke für Orchester (zumeist verschollen); etc.
Literatur: ÖBL.