Industrieller
* Brünn, Mähren (Brno, Tschechien), 18. 4. 1811
† Reichenau bei Payerbach (Niederösterreich), 24. 7. 1880
röm.-kath.
Drasche-Wartinberg entstammte einer calvinistischen, im 17. Jahrhundert aus Flandern nach Böhmen eingewanderten Familie, die dort Leinenmanufakturen gründete. Sein Vater Josef Drasche war Tuchfabrikant, seine Mutter Anna Drasche, geb. Miesbach, Tochter des Ziegeleibesitzers Josef Miesbach und Schwester des Industriellen Alois Miesbach (1791–1857). Seine Brüder Josef Eduard Drasche sowie Wilhelm Drasche wirkten als Tuchgroßhändler in Wien. Drasche-Wartinberg war mit Josephine Drasche, geb. von Freudenthal (1827–1862), verheiratet, ihr Sohn Richard Freiherr von Drasche (1850–1923) trat als Geologe, Zoologe sowie als Landschaftsmaler in Erscheinung.
Heinrich von Drasche-Wartinberg absolvierte das Gymnasium in Brünn, erhielt dann eine kommerzielle Ausbildung in der väterlichen Tuchhandlung und zog anschließend zu seinem Onkel Alois Miesbach nach Wien, wo er das Polytechnikum besuchte. Aufgrund des wegen Brennholzmangels notwendig gewordenen Umstiegs auf Steinkohlenfeuerung bei Ziegeleien bereiste er 1831–1836 wichtige Kohle produzierende Länder in Europa (Preußisch-Schlesien, die Rheinprovinz, Belgien, Schottland sowie Frankreich) und absolvierte auch die Bergakademie in Schemnitz. Ab Ende der 1830er-Jahre war er maßgeblich an der Entwicklung des Kohlenbergbaus im Kaisertum Österreich beteiligt. Zunächst Geschäftsführer, dann Gesellschafter und schließlich Universalerbe der Miesbach’schen Ziegelwerke am Laaer Berg, übernahm Drasche-Wartinberg nach dem Tod seines Onkels 1857 das Unternehmen. Er erweiterte die Wiener Ziegelfabrik, gründete neue Werke im Wiener Becken, erbaute die ersten kontinuierlichen Brennöfen und führte die Fabrikation feiner Tonwaren ein. 1869 wurde die Anlage in die „Wienerberger Ziegelfabriks- und Baugesellschaft“ umgewandelt. Als Ziegellieferant für die im Zuge der Stadterweiterung errichteten Ringstraßenbauten gehörte er zu den vermögendsten Industriellen der Gründerzeit. Drasche-Wartinberg erwarb selbst Baugründe an der Ringstraße, an der er nach Plänen Theophil von Hansens den im Zweiten Weltkrieg teilweise zerstörten Heinrichhof errichten ließ. Neben seinem 800.000 m² großen, „Drasche-Gürtel“ genannten Wiener Grundbesitz, der sich von Meidling bis Kaiserebersdorf erstreckte, besaß er Güter in Böhmen und Ungarn, war Direktionsmitglied mehrerer Firmen und galt als erfolgreicher – da vorsichtiger – Häuser- und Bodenspekulant. 1867 für seine Verdienste mit dem Komturkreuz des Franz Joseph-Ordens ausgezeichnet, wurde Drasche-Wartinberg 1870 nobilitiert.
Drasche-Wartinberg trat bereits bei früheren Weltausstellungen in Erscheinung: So erhielt er 1862 in London die Große Medaille für neue Abbau- und Förderungsmethoden im Kohlenbergbau und bei der Pariser Weltausstellung 1867 die Große Goldene Medaille für die Modernisierung der Ziegel- und Tonwarenfabrikation. Zwar brachte ihm eine humanitäre Medaille in Paris auch die Anerkennung der von ihm ins Leben gerufenen Sozialeinrichtungen in seinen Steinkohlegruben, Fabriken und Ziegeleien (Krankenfürsorge, Pensionsfonds, Arbeiterwohnhäuser, Studienstipendien für die Kinder der Betriebsangehörigen), dennoch waren die Wohn- und Lebensbedingungen in den Inzersdorfer Ziegeleien, auf die Victor Adler in seinen investigativen Reportagen aufmerksam machte, katastrophal. Als einer der bedeutendsten österreichischen Industriellen seiner Zeit war Drasche-Wartinberg Mitglied der kaiserlichen Kommission für die Wiener Weltausstellung 1873 sowie Mitglied der internationalen, für die Beurteilung der Exponate zuständigen Jury. In seinem Auftrag entwarf Heinrich von Ferstel den monumentalen Triumphbogen, der sich in unmittelbarer Nähe der Kunsthalle befand und ein meisterhaftes Zeugnis über die Ziegel- und Terrakottaproduktion der Wienerberger Ziegelfabriks- und Baugesellschaft ablegte.
Literatur: Internationale Ausstellungs-Zeitung, 1. 5. und 26. 6. 1873; Neue Freie Presse, 26. 7. 1880; Czeike (m. B.); DBE; Großind. Österr. I, II; NDB; ÖBL; Pemsel; Wurzbach; Hof- und Staats-Handbuch, 1879; Gustav Otruba, Heinrich Drasche von Wartinberg (1811–1880), in: Tradition 7, 1962, Heft 1, S. 23–31; Gustav Otruba, Heinrich Drasche von Wartinberg, in: ders. – Josef Mentschl, Österreichische Industrielle und Bankiers, 1965, S. 111–117; Wien Geschichte Wiki (online, Zugriff 26. 4. 2016).