Vorgeschichte
Mit dem Ansporn, alle bisherigen Weltausstellungen an Pracht und Größe zu überbieten, rüstete sich Wien für das Großereignis des Jahres 1873. Nach den Expositionen in London (1851, 1862) und Paris (1855, 1867) war die Wiener Weltausstellung die erste, die im deutschen Sprachraum stattfand. Sechs Monate lang war die Stadt Schauplatz einer gigantischen internationalen Leistungsschau, die maßgeblich zum Aufstieg Wiens zur Weltstadt beitrug.
Ab den 1850er-Jahren war dem offiziellen Österreich, aber auch den führenden Wirtschafts- und Industrieunternehmern der Monarchie bewusst, dass an der Abhaltung einer großen internationalen Ausstellung kein Weg vorbeiführt – sofern man die Position des Vielvölkerstaats als europäische Großmacht und jene der Kaiserstadt als diplomatische, kulturelle und wirtschaftliche Vermittlerin zwischen Orient und Okzident wiedererlangen bzw. sichern wollte. Auf Betreiben des Niederösterreichischen Gewerbevereins sowie der Niederösterreichischen Handels- und Gewerbekammer kam die Idee auch medial vermehrt zur Sprache.
Nach zwei gescheiterten Anläufen 1863 bzw. 1866 waren erst Ende der 1860er-Jahre die nötigen Voraussetzungen gegeben. Paradoxerweise eröffneten gerade die militärischen Niederlagen von Solferino (1859) und Königgrätz (1866) den Weg zur Realisierung der Weltausstellung, da die wohlwollende Einstellung des Kaiserhauses zum Teil dem Wunsch nach Prestigegewinn entsprang. Die liberale Regierung wiederum sah in der Weltausstellung eine geeignete Möglichkeit, ihre wirtschaftspolitischen Erfolge zu feiern. Die nach dem Ausgleich mit Ungarn 1867 einsetzende Hochkonjunktur, die mit der Gründung zahlreicher Unternehmen, Banken, Versicherungen und Baugesellschaften einherging, sowie die Rekordernten der Jahre 1867 und 1868 boten ideale Bedingungen.
Auch den städtebaulichen und verkehrstechnischen Maßnahmen, die die Abhaltung der Weltausstellung überhaupt erst ermöglichten, kam die politische und ökonomische Aufbruchsstimmung der Gründerzeit entgegen. Im Zentrum der Bemühungen stand die Umgestaltung Wiens zur modernen Weltstadt, wobei viele Bauvorhaben in engem Zusammenhang mit der Exposition standen. Das Abtragen der alten Festungsanlagen, der Bau der Ringstraße, der Zusammenschluss der inneren Stadt mit den Vorstädten, die Donauregulierung und die Umgestaltung des Praters gehörten ebenso dazu wie die Erweiterung und Modernisierung des Straßen- und Schienennetzes oder die Errichtung von Spitälern. Freilich waren die Arbeiten am Tag der Eröffnung noch lange nicht abgeschlossen, die Stadt glich einer Großbaustelle.
Persönlichkeiten wie Franz Freiherr von Wertheim, Wilhelm Franz Exner oder Rudolf von Eitelberger-Edelberg spielten ebenfalls eine wichtige Rolle beim Zustandekommen der Wiener Weltausstellung. Ende der 1860er-Jahre drängten sie auf eine baldige Entscheidung des Handelsministeriums. 1870 unterzeichnete eine Gruppe österreichischer Unternehmer auf Initiative des Journalisten und Politikers Julius Hirsch einen Garantiefonds in der Höhe von drei Millionen Gulden und sicherte damit die Hälfte der voraussichtlichen Kosten. Schließlich bewilligte der Kaiser am 24. Mai 1870 den von Handelsminister Sisinio Freiherr von Pretis-Cagnodo gestellten Antrag. Im Jänner 1871 wurde der Wirtschaftsfachmann und Diplomat Wilhelm Freiherr von Schwarz-Senborn zum Generaldirektor ernannt. Eine aus über 200 Mitgliedern bestehende „Kaiserliche Ausstellungskommission“ unter der Leitung von Erzherzog Rainer stand ihm unterstützend und beratend zur Seite. Zum Protektor der Weltausstellung wurde Erzherzog Karl Ludwig bestellt.
– ázb –