Kaiserpavillon
„Um Sr. k. k. Apostolischen Majestät und dem Allerhöchsten Kaiserhause würdige Empfangsräume auf dem Ausstellungsplatze zur Verfügung stellen zu können, wurde […] bestimmt, dass zu diesem erhabenen Zwecke ein besonderes Gebäude: »Der Kaiser-Pavillon«, herzustellen, auszustatten und einzurichten sei“, hieß es in der Widmungs-Urkunde jenes Prachtbaus, der späterhin von vielen als architektonisches Kleinod bewundert und gelobt wurde. Der Entschluss war nicht ungewöhnlich, denn auch die Organisationskomitees anderer Länder – wie die des Deutschen Reiches, Russlands, Persiens, der Türkei oder Ägyptens – ließen für ihre Staatsoberhäupter auf dem Ausstellungsplatz Repräsentationsbauten errichten.
Der unter Mitwirkung zahlreicher österreichischer Künstler und Unternehmer erbaute und ausgestattete Kaiserpavillon befand sich rechts des Haupteingangs und stand – ebenso wie der Jurypavillon, sein symmetrisches Gegenüber auf der linken Seite – schräg zur Industriehalle bzw. zur Rotunde. Er befand sich inmitten von Gartenanlagen, deren exotische Blattpflanzen, Orangenbäume und Palmen aus den Schönbrunner Gewächshäusern stammten.
Am 1. Mai 1873 war der Pavillon, wie zahlreiche andere Ausstellungsbauten, noch nicht fertiggestellt. Der reiche Blumenschmuck aus Azaleen, Lilien und Rhododendren im Inneren des Objekts bot zwar einen wunderschönen Anblick, konnte jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich um ein noch im Entstehen begriffenes Gebäude handelte, wohl mit ein Grund dafür, dass am Eröffnungstag der Besuch des Kaiserpaars ausblieb. Selbst im Juni, als der Pavillon vollendet wurde, fehlten noch kleinere Einrichtungsgegenstände, wie Bilder, Nippes und Vasen. Die feierliche Übergabe an den Kaiser, im Beisein von Generaldirektor Schwarz-Senborn und Chefarchitekt Hasenauer sowie der beteiligten Industriellen, fand erst Ende August statt.
Der von Gustav Gugitz in klassizistischem Stil entworfene Pavillon bestand aus einem vorspringenden Mitteltrakt und zwei Seitenflügeln. Seine Fassaden waren der Industriehalle bzw. dem ihn umgebenden Park zugewandt. Während das Gebäude auf der Rotundenseite ein Bild nüchterner Zierlosigkeit bot, glänzte die dem Park zugewandte Seite durch vier korinthische Säulen. Den Mittelteil flankierten beidseitig eine offene Säulenhalle mit einem Deckengemälde von Ignaz Schönbrunner, an die sich je ein Eckteil mit Kuppeldach und Pilastern neben den Fenstern anschloss.
Marmorsäulen, rote Seidentapeten und ein Deckengemälde, eine Allegorie der Weltausstellung von Charles-Édouard Boutibonne, sorgten im Vestibül für „würdige und geschmackvolle Pracht“. Von dort gelangte man in die Zimmer des Kaisers und der Kaiserin – deren Dekoration Josef Storck entworfen hatte – bzw. in die für die Erzherzoge und Erzherzoginnen vorgesehenen Räumlichkeiten. Den Salon des Kaisers schmückten goldgelbe, mit roten Mustern versehene Tapeten. Einen starken Kontrast zu den ebenfalls roten Vorhängen und Möbeln bildeten die aus schwarzem Holz gefertigte goldverzierte Tür und die Decke sowie ein großer schwarzer Marmorkamin. Das blau tapezierte Gemach der Kaiserin besaß hingegen weiße Türen, Decken und Getäfel, verziert mit farbigen Arabesken. Die von Gugitz entworfenen Sofas und Stühle waren mit blauem, golddurchwirktem Stoff überzogen. Der große Saal der Erzherzoge war mit schwerem, buntgeflammtem Seidenstoff tapeziert, der Salon der Erzherzoginnen mit violetten, mit Spitzen geschmückten Tapeten ausgekleidet. Broschierte Gobelins und die blaue Atlasverkleidung in den zwei Suiten für das Damen- und Männergefolge zeugten ebenfalls von der Kunstfertigkeit Xaver Schenzels. Brokate und Damaste, kostbare Teppiche der Firma Philipp Haas und Söhne, ein Glasmosaik von Salviati aus Venedig, Bronzearbeiten von Alois Hanusch, Skulpturen von August La Vigne, ein Pianino von Bösendorfer und die Vergoldungsarbeiten Conrad Bühlmayers rundeten das Gesamtbild ab.
Die Presse schwärmte von dem kleinen, von „hellenistischer Grazie angehauchten“ Schmuckstück, das alle architektonischen Motive der großen Ausstellungsbauten, wie in einem „Mikrokosmos“ in sich vereinige und dessen Inneres nicht nur Repräsentationsräume biete, sondern auch eine Ausstellung auserlesener Objekte der österreichischen Industrie und Kunst.
Foto Flügeltür:
Entwurf: Josef Storck
Ausführung: Georg Sturm (Groteskenmalerei)
Holz, weiß gestrichen, bunte Ölmalerei (Grotesken und Wappenkartusche Wittelsbach-Habsburg), Masse gold gestrichen; Messingbeschläge
Foto © MAK/Georg Mayer
© MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst
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