Wiener Aquarium
Außerhalb des eigentlichen Ausstellungsrayons gelegen, stand das Wiener Aquarium dennoch in enger Beziehung zur Weltausstellung. Seine Entstehung verdankte der am Beginn der Prater-Hauptallee gelegene Neo-Renaissance-Bau u. a. dem Industriellen Baron Albert Klein, Hofrat von Engerth und Dr. Arnstein. Mit der Beschaffung der Tiere aus der Adria war Simon von Syrski, Direktor des naturhistorischen Museums in Triest, betraut worden. Der Zoologe Alfred Edmund Brehm, Schöpfer des Berliner Aquariums, hatte bei der Anlage beratend mitgewirkt.
Nach nur achtmonatiger Bauzeit wurde das Schauaquarium am 29. Juni 1873 eröffnet. Das weitläufige Gebäude war in eine Süß- und eine Seewasserabteilung gegliedert und beherbergte insgesamt 41 Wasserbehälter unterschiedlicher Größe. Ein Rundgang führte die Besucher vom prächtigen Vestibül aus linker Hand in den Süßwasserbereich und endete rechts mit der Meeresabteilung.
Um die Tiere und Pflanzen gut betrachten zu können, herrschte in den Galerien ein „fast klerikales Dunkel“, wie das Weltausstellungs-Bulletin des Witzblattes Kikeriki berichtete. Das Licht fiel von oben in die Bassins, während die Besucher im Halbdunkel standen. Dem Boden und den Seitenwänden der Wasserbehälter hatte man den Charakter des Meeresgrunds zu geben versucht. Hinter etwa 10 mm dicken Glasscheiben tummelten sich vertraute Süßwasserfische wie Karpfen, vor allem aber den Wienerinnen und Wienern noch wenig bekannte Meeresbewohner: Polypen, Seesterne, Krebse, Seespinnen, Muscheln und Schnecken in vielerlei Form und Farbe, Süß- und Salzwasserpflanzen, selbst Haifische sowie einen Zitterrochen beherbergte das Schauaquarium. In einer Tropfsteingrotte schwamm ein Salamander in seinem Wasserbecken. Große Bottiche enthielten Seeschildkröten und Krokodile. Zu den Attraktionen der Einrichtung zählte auch ein „fetter Kerl von einem Seehund“, der sich neugierig und schwerfällig umdreht haben soll, wenn man seinen Namen (Peter oder Peterl) rief. „I hab’ no kann Seehund kennt, der so ein lieber Kerl war“, wird ein Ausstellungsbesucher zitiert, und die Internationale Ausstellungs-Zeitung stellte die Behauptung auf, „dass dieser intelligente Seehund bald das populärste Vieh in Wien sein wird.“
Als das Publikumsinteresse am „Fischpalast“ (Internationale Ausstellungs-Zeitung) in späteren Jahren zu schwinden begann, wurde dem Haus ein Terrarium für Reptilien und andere Landtiere angegliedert. Nunmehr als Vivarium bekannt, erlebte es eine wechselvolle Geschichte unter verschiedenen Unternehmern. 1902 kauften schließlich die Wissenschaftler Hans Przibram, Wilhelm Figdor und Leopold von Portheim das Gebäude und wandelten es in eine Forschungsanstalt für experimentelle Biologie, die Biologische Versuchsanstalt, um, die sie 1914 der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften in Wien schenkten. Das Ende des Vivariums kam mit der Vertreibung seiner Leiter und Forscher kurz nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938. Das Gebäude selbst wurde im April 1945 wahrscheinlich von der SS mit Granaten in Brand geschossen. Sämtliche Forschungseinrichtungen wurden zerstört, die Tiere gingen zugrunde. 1947 ließ die Akademie die Anstalt endgültig auf.
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