Die Presse
Die Idee der Organisation einer Weltausstellung in der Kaiserstadt wurde in der Wiener Presse bereits in den 1860er-Jahren vermehrt thematisiert. Anfangs stand die Frage der Durchführbarkeit im Vordergrund der journalistischen Überlegungen. Obwohl damals noch niemand an Börsenkrach, Cholera und Kostenexplosion dachte, zweifelten dennoch viele an der Leistungsfähigkeit der Stadt, eine derartige Großveranstaltung durchführen zu können. Die wirtschaftliche Hochkonjunktur, die Aufbruchsstimmung der Gründerzeit und die wohlwollende Einstellung des Kaiserhauses überlagerten jedoch die skeptischen Pressestimmen immer mehr. Mit der kaiserlichen Entschließung im Mai 1870 und der Ernennung von Wilhelm Freiherr von Schwarz-Senborn zum Generaldirektor der Weltausstellung rückte die Exposition in den Mittelpunkt der medialen Aufmerksamkeit.
Um die Medien mit profunden Informationen zu beliefern, zugleich aber auch um die Berichterstattung unter Kontrolle zu halten, ließ Schwarz-Senborn ab August 1871 die Weltausstellungs-Correspondenz herausgeben. Dieses offizielle Nachrichtenorgan fungierte zwei Jahre lang als eine Art amtliche Weltausstellungs-Nachrichtenagentur. Die Kritik an den Organisatoren sowie an der Person des Generaldirektors selbst konnte dadurch freilich nicht verhindert werden. Die christlich-konservative Tageszeitung Das Vaterland beispielsweise polemisierte gegen das unter der Leitung der Liberalen stehende Organisationskomitee und ortete große Ungerechtigkeit bei der Bevorzugung der Deutschen und Magyaren.
Weltausstellungszeitungen
Maßgeblich wurden aber in erster Linie zwei eigens für die Exposition ins Leben gerufene Blätter. Karl Cikanek gründete 1871 die Wiener Weltausstellungs-Zeitung. Verantwortlicher Redakteur war Johann Christian Schreyer. Im Einvernehmen mit dem Innen- und dem Finanzministerium fungierte die Zeitung als offizielles Ausstellungsfachblatt. Diese Anerkennung war insofern von Bedeutung, als auch andere Tageszeitungen, deren Herausgeber das große Geschäft witterten – beispielsweise der Wiener Reporter –, mit Untertiteln wie „Organ für die Wiener Weltausstellung“ das Lesepublikum anzulocken versuchten. Cikaneks Weltausstellungs-Zeitung erschien 1871–1872 jeden Mittwoch und Samstag, 1873 täglich. Unter dem Titel Internationale Ausstellungs-Zeitung wurde sie noch bis März 1876 fortgeführt.
Ebenfalls ausschließlich der Weltausstellung gewidmet war die Allgemeine Illustrirte Weltausstellungs-Zeitung. Sie erschien ab Jänner 1872 in Folio, die Herausgeber folgten offensichtlich dem Beispiel der großen europäischen Illustrierten. Nach Prof. E. Mack übernahm Heinrich Frauberger die Leitung der Redaktion, ihm folgte Dr. Ferdinand Springmühl als Chefredakteur. Noch während der Weltausstellung kaufte Eigentümer Max Austerlitz die Illustrirte Wiener Weltausstellungs-Gallerie, eine Beilage der Neuen illustrirten Zeitung, sodass das Wochenblatt ab Juni den Untertitel „Vereinigte Blätter“ trug. Nach Ende der Weltausstellung übernahm G. S. Weissenfeld die Zeitung und führte sie bis 1875 unter dem Titel Allgemeine illustrierte Industrie- und Kunst-Zeitung weiter. Auch dieses Blatt profitierte von der offiziellen Anerkennung.
Die deutsche, persische, portugiesische und ungarische Ausstellungskommission erklärte sie zum „officiellen Organ“. Sie hatte auch eine französische und ungarische Ausgabe: Die L’exposition universelle de Vienne (illustré) wurde in Paris von Jules Franck, die Képes kiállitási lapok in Wien von Edmund Steinacker redigiert. Gegenüber der Weltausstellungs-Zeitung genoss aber die reich bebilderte Illustrirte Weltausstellungs-Zeitung nicht nur den Vorteil der schöneren Aufmachung, sie verfügte auch über einen professionellen Mitarbeiterstab im In- und Ausland, mit Fachleuten wie Adam Freiherr von Burg, Jacob von Falke oder Karl von Scherzer. Beide Organe berichteten zwar über alle Aspekte und Ereignisse der Wiener Exposition, wurden aber von Schwarz-Senborn als „wirksame Instrumente der Ausstellungspropaganda“ eingesetzt.
Sonderbeilagen
Andere Wiener Zeitungen kamen dem Publikumsinteresse mit speziellen Beilagen entgegen. Am einflussreichsten war die Internationale Ausstellungs-Zeitung der Neuen Freien Presse. Sie erschien täglich ab dem 1. Mai bis zum 30. September 1873 und wurde auf dem Ausstellungsgelände hergestellt: Redaktion, Druck und Auslieferung erfolgten im Pavillon der Neuen Freien Presse. Obwohl das Organ in Zusammenarbeit mit der Generaldirektion veröffentlicht wurde und somit unter Schwarz-Senborns Aufsicht stand, garantierte der hochkarätige Mitarbeiterstab (Jacob von Falke, Wilhelm Exner, Arthur von Scala, Franz Xaver etc.) für hohe Qualität. Auch das Neue Fremden-Blatt, die Konstitutionelle Vorstadtzeitung sowie die Deutsche Zeitung druckten Weltausstellungsbeilagen.
Da die Exposition mit all ihren Pannen ohnedies eine Sternstunde für Humoristen darstellte, wundert es nicht, dass auch das Witz- und Karikaturblatt Der Floh eine Beilage, die Weltausstellungs-Zeitung des Floh, herausbrachte, in der der Generaldirektor, das Organisationskomitee, aber auch Aussteller und Besucher aufs Korn genommen wurden.
Weitere Pressestimmen
Während sich die regierungsfreundliche Presse in Lobeshymnen über die Ausstellung erging, zeichneten sich das Neue Wiener Tagblatt und das Illustrierte Wiener Extrablatt durch eine differenziertere Berichterstattung aus, indem sie Themen wie die prekäre Frage der Finanzierung, das eigenwillige Vorgehen des Generaldirektors oder die überhöhten Eintrittspreise in den Mittelpunkt der Beiträge stellten. Im Gegensatz zu den wesentlich kritischer eingestellten Wirtschaftsblättern – wie der Oesterreichische Oekonomist, Warrens Wochenschrift oder die Finanziellen Fragmente –, lehnten sie aber die Weltausstellung nicht prinzipiell ab.
Auch international, insbesondere im Deutschen Reich, wurde der Exposition Aufmerksamkeit gewidmet, wie die entsprechenden Jahrgänge der großen Unterhaltungsblätter Illustrirte Zeitung und Über Land und Meer belegen. Bereits ab 1872 informierten beide Zeitschriften in einschlägigen illustrierten Kolumnen und Rubriken über die Geschehnisse rund um die internationale Leistungsschau in Wien.