Mobilität
Eisenbahn
Bahnreisende konnten die Weltausstellungsstadt von 1873 bereits aus allen Himmelsrichtungen erreichen. Mehrere große Eisenbahnlinien mündeten in die Haupt- und Residenzstadt ein: Ausstellungsbesucher aus Salzburg oder Linz trafen am Kaiserin Elisabeth-Bahnhof ein, aus Prag Kommende am Kaiser-Franz-Josefs-Bahnhof, Reisende aus Krakau nahm der Kaiser-Ferdinands-Nordbahnhof auf, solche aus Budapest der Staatsbahnhof. Ein weiteres Gebäude, der Nordwestbahnhof, wurde genau im Ausstellungsjahr vollendet, indes der Südbahnhof wohl noch den Anblick einer Baustelle bot und erst 1874 eröffnet werden konnte.
Während man sich bei den Bahnen auf eine erhöhte Zahl von Fahrgästen einstellte, nutzten die Betreiber der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn und der Nordwestbahn überdies die Gelegenheit, ihre Unternehmen in eigenen Pavillons auf dem Ausstellungsplatz zu präsentieren, und zeigten dort Maschinen, Werkzeuge, Pläne und Ähnliches.
Ein eigens errichteter Zentralbahnhof, der sich hinter der Maschinenhalle auf dem Ausstellungsgelände befand, sollte während der Exposition die Verbindung zu den großen Bahnstrecken herstellen. Insbesondere die Nord- und die Staatsbahn boten sich aufgrund ihrer Trassenführung dazu an. In der Praxis aber schien dies den Ausstellungsbesuchern zu umständlich gewesen zu sein, sie nutzten den Zentralbahnhof kaum.
Pferdetramway und Omnibus
Innerstädtisch bewerkstelligten damals Pferdetramway, Pferdeomnibus (Stellwagen), Fiaker und Einspänner (Comfortables) den Verkehr. Die schienengebundene Pferdebahn war für die Wienerinnen und Wiener ein noch ein relativ neues Transportmittel. Erst 1865 hatte eine Probelinie ihren Betrieb aufgenommen und erst ab 1868 gab es fixe Haltestellen, sodass nicht länger jeder Fahrgast die Tramway an beliebiger Stelle anhalten konnte. Die Weltausstellung setzte nun einen starken Impuls zur Ausweitung des Streckennetzes, und die Gesamtfrequenz stieg von 18,8 (1872) auf 31,1 Millionen (1873) Fahrgäste. Eigene Linien wurden 1873 in die Nähe des Westportals des Ausstellungsplatzes geführt. Auf 37 Streckenkilometern waren 554 Wagen in Betrieb.
Wie die Wiener Weltausstellungs-Zeitung im März 1873 berichtete, mangelte es sowohl an Omnibuswagen als auch an Pferden. Nur 492 Omnibusse waren demnach tatsächlich in Betrieb, obwohl 930 Lizenzen vergeben worden waren. Um den Verkehr von und zu den Bahnhöfen zu erleichtern, ließ die Neue Wiener Omnibusgesellschaft 150 eigens dafür eingerichtete Wagen bauen (jeder hatte acht Sitze und eine „Galerie“ für das Gepäck). Auch die Pariser Omnibus-Aktien-Gesellschaft schickte im Juni des Jahres 70 Pferde zur Weltausstellung. Doch die modernen französischen Omnibusse machten einer Zeitungsnotiz zufolge in Wien so schlechte Geschäfte, dass sie im September nach Frankreich zurückgeschickt wurden, während die „Pferde hier in festen Händen“ waren.
Fiaker und Einspänner
Eine wichtige Rolle spielte auch das Lohnfuhrwerk, die 1.300 Einspänner und 1.100 Fiaker Wiens. Ihre Zahl wurde für die Weltausstellung deutlich erhöht. Ein zwei Tage vor Ausstellungsbeginn ausgebrochener allgemeiner Kutscherstreik konnte noch rechtzeitig vor dem 1. Mai beigelegt werden.
Auf dem Ausstellungsgelände hatte man geräumige Wagenplätze eingerichtet, die Platz für 2.000 Fuhrwerke boten. Eine Neuerung, der „Wagen-Telegraph“ zur Bestellung der Fiaker und Einspänner, bereitete in der Praxis aber große Schwierigkeiten. Einer Zeitungsnotiz zufolge mussten Wagen oft zehnmal gerufen werden, bevor sie auf dem entfernt gelegenen Standplatz aufgefunden wurden. Da die Zufahrt zum Portal nicht möglich war, hatten Fahrgäste überdies einen längeren Weg zu ihrem Wagen zurückzulegen (was bei Schlechtwetter das Waten im Morast der Prater-Hauptallee bedeutete).
Die „Dampf-Omnibusse“ auf dem Donaukanal
Die Donaudampfschifffahrtsgesellschaft versuchte auch den Donaukanal als Verkehrsweg zum Ausstellungsgelände zu nutzen. Sie ließ auf ihrer Pester Werft kleine, komfortabel ausgestattete Dampfer („Mouches“) bauen, die ihren Betrieb zwischen Nussdorf und der Freudenau aufnahmen und Besucher zum Ausstellungsplatz bringen sollten.
Wegen des schwachen Geschäftsgangs wurden diese „Dampf-Omnibusse“ jedoch wieder eingestellt.
Die Drahtseilbahn auf den Leopoldsberg
Zur Erschließung der beliebten Ausflugsziele Kahlenberg und Leopoldberg setzte die Weltausstellung ebenfalls Impulse. Anfang Juli 1873 eröffnete die Oesterreichische Bergbahn-Gesellschaft auf der nordöstlichen Seite des Kahlenbergs eine Drahtseilbahn. Alle 7–10 Minuten fuhren zwei von der Maschinenfabrik Sigl hergestellte Wagen bergauf bzw. bergab und überwanden dabei einen Höhenunterschied von 242 Metern. Jeder Wagen fasste 100 Personen und hatte zwei Etagen, von denen die untere Passagieren der 1. und 2. Klasse vorbehalten war. Bei einer Maximalgeschwindigkeit von drei Metern pro Sekunde dauerte die Fahrt von der am Fuße des Leopoldsbergs gelegenen Station bis zur Bergstation rund fünf Minuten. Die Drahtseilbahn war zugleich Ausstellungsobjekt.
Zur selben Zeit projektierte die Kahlenbergbahn AG eine Zahnradbahn auf den Kahlenberg, die allerdings erst im März 1874 den Betrieb aufnehmen konnte. 1876 übernahm schließlich die Kahlenbergbahn AG auch die Drahtseilbahn und stellte sie daraufhin ein. Die Zahnradbahn fuhr noch bis 1921.
Die Rollwagen auf dem Ausstellungsplatz
Ein Kuriosum der Wiener Weltausstellung waren die speziell angefertigten Rollwagen, die für Mobilität innerhalb des ausgedehnten Ausstellungsgeländes sorgten. Sie konnten an allen Eingängen und bei der Rotunde gegen Gebühr ausgeliehen werden. Die Firma Fischer & Meyer hatte 500 solcher Wagen „unter der Leitung elegant livrirter Führer“ zur Verfügung gestellt. Die Taxe für die erste Stunde betrug 1 Gulden, 50 Kreuzer, für jede folgende Stunde 1 Gulden, für den halben Tag 5 Gulden und für den ganzen Tag 10 Gulden.
Auch der Hof ließ für den eigenen Gebrauch eine größere Anzahl dieser Wagen anfertigen. Erzherzogin Marie hat sich bei einem Ausstellungsbesuch „derselben für längere Zeit bedient.“
Die Rollwagen mit ihren livrierten Führern scheinen auch bei den Zeichnern ein beliebtes Detail gewesen zu sein. Sie hielten sie in etlichen Darstellungen und Karikaturen fest.
Ballon captiv
Den Plan, interessierten Besuchern – wie bei früheren Weltausstellungen – das Betrachten des Ausstellungsgeländes aus der Luft zu ermöglichen, vereitelte das schwere Unwetter vom 29. Juni dieses Jahres. Mehr als 50.000 Gulden hatte eine Gesellschaft in die Herstellung eines Fesselballons von 25 Metern Durchmesser investiert, der jeweils 15 Personen in eine Höhe von 500 Metern bringen sollte. Um ihn befüllen zu können, hatte die Imperial Continental Gas-Association eine eigene Leitung bis zum „Ascensionsplatz“ gelegt.
Ausgerechnet an jenem Tag, für den seine Probefahrt angesetzt war, fiel er jedoch einem Sturm zum Opfer. Der mit sechs Tauen und achzig Stricken befestigte Ballon riss sich los und stieg zunächst mit großer Geschwindigkeit auf. Dann schwebte er „majestätisch in der grauen Wolkenschichte und nahm einen ruhigen Flug von Ost gegen Südost, immer höher und höher, bis er endlich um 4 ½ Uhr in einer dichten schwarzen Regenwolke verschwand.“
Sein Entkommen und seine Reiseeindrücke hielten die Wiener Witzblätter „Die Bombe“ und „Kikeriki“ fest.
Erst Tage später wurde er laut einem Zeitungsbericht bei Ungarisch Altenburg entdeckt. Es hieß, die Bauern, die ihn fanden, hätten ihn völlig zugrunde gerichtet.
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