Gesundheit und Sicherheit
Sanitätswesen
Für die Versorgung und den Transport von Kranken auf dem Ausstellungsgelände richtete man einen eigenen Sanitätsdienst ein. Dieses aus ca. zehn Ärzten bestehende Team unterhielt neben mehreren Sanitätsstationen eine Zentralstation. Während die kleineren Sanitätsstationen mit Rettungskästen, Handapotheken, Feldbetten und Tragbahren ausgestattet waren, bestand die Zentralstation aus einer kleinen Ambulanz mit je einem nach Geschlechtern getrennten Behandlungszimmer. Für eventuelle Entbindungen hatte eine Hebamme Bereitschaft und schließlich gab es einen Militär-Sanitätswagen für Schwerverwundete. In der Kritik stand die geringe Zahl an Ärzten, da bei der Pariser Weltausstellung 1867 auf einem deutlich kleineren Gelände wesentlich mehr Mediziner ihren Dienst versehen hatten. Noch Ende Mai 1873 kündigte die Generaldirektion an, deren Quote erhöhen zu wollen, weil Zeitungsberichten zufolge nicht einmal die oben genannte Anzahl an Ärzten verfügbar sei.
Feuerwehr
Der Brandschutz wurde von einem eigenen „Feuerlösch- und Sicherheitsdienst“ übernommen. Entgegen der verbreiteten Forderung, dass diese Ausbildung von der Wiener Berufsfeuerwehr wahrgenommen werden sollte, kamen hier Genietruppen des Heeres zum Einsatz. Die sechs Chargen mit 70 Mann verfügten über das damals neueste Gerät: Spritzen, Pumpen, Wasserwägen mit ca. 500 Litern Inhalt und einen „completen Requisitenkarren“.
Außerdem errichtete man für den Brandschutz eine eigene Wasserleitung mit 40 Meter hohen Hochbehältern. In diese konnten mittels der neuesten Pumpe (Modell „Donau“) der Wiener Firma Knaust 1.500 Liter Wasser pro Minute gepumpt werden. Auf dem gesamten Ausstellungsplatz galt striktes Rauchverbot – das allerdings immer wieder eingemahnt werden musste. Insgesamt zeigte man sich mit der Feuerwache zufrieden, auch als in der Nacht vom 1. zum 2. August 1873 ein Brand im Elsässischen Bauernhaus ausbrach. Für ihr rasches und erfolgreiches Eingreifen wurde den Mannschaften des Feuerlösch- und Sicherheitsdienstes höchster Dank durch das Präsidium der Kommission für Elsass-Lothringen ausgesprochen.
Verkehr und Sicherheit
Hinsichtlich des Verkehrswesens erließ die k. k. Polizeidirektion am 19. April 1873 eine eigene Fahrordnung für die Weltausstellung. Darin wurde zuallererst darauf aufmerksam gemacht, dass die Stadt Wien nicht auf solche Menschenmassen auf ihren Straßen vorbereitet sei und es deshalb spezieller Regelungen bedürfe.
Grundsätzlich wurde auch allen Fußgängern das strikte Einhalten des Linksverkehrs ans Herz gelegt. Lastenwägen war das Befahren der Ringstraße strengstens untersagt, ebenso das Stehenbleiben auf belebten Straßen. Zugleich wurde eine Geschwindigkeitsbeschränkung eingeführt, die ein ständiges – wenngleich langsames – Vorankommen gewährleisten sollte.
Gleichzeitig war die erwähnte Genietruppe auch für den Sicherheitsbereich zuständig. Daneben wurden Beamten der k.k. Statthalterei dienstzugeteilt. Insgesamt umfasste das Sicherheitspersonal für die gesamte Stadt über 3.000 Personen, die in 16 Abteilungen eingeteilt waren. Die erste Abteilung, das eigentliche Wachpersonal im Prater, bestand aus 700 Mann zu Fuß und 80 Mann zu Pferd.
Hygiene – und Cholera
Bereits 1872 trafen erste Meldungen über Cholerafälle in Ungarn und Galizien ein. Nicht zuletzt dieser Warnrufe aus dem Osten wegen wurde ein eigener Gesundheitsrat der Stadt eingesetzt, der sich auch des größten Mangels bewusst war: der schlechten hygienischen Situation. Meyers Reisebücher warnten vor „orientalischen Zuständen“, insbesondere in den dichtbewohnten Teilen der Stadt, wo den Besucher ein „nachhaltiger Angriff auf seine Geruchsnerven“ erwarte. Tatsächlich bestanden die öffentlichen Bedürfnisanstalten der gesamten Stadt aus 125 Pissoirs und wenigen, versteckten Aborten. Für den Ausstellungsplatz erhielt die Firma Karl Stummer die Konzession, insgesamt zwölf (teilweise mobile) „Anstaltshütten“ zu betreiben, wobei Kritiker deren geringe Zahl und Dichtheit bemängelten.
Im Bewusstsein, dass der Schlüssel zur Bekämpfung der Cholera in der Bereitstellung von sauberem Trinkwasser lag, war 1870 der Bau der (Ersten) Wiener Hochquellwasserleitung in Angriff genommen worden. Allerdings ging diese erst im Herbst 1873 in Betrieb. Bis dahin versorgten fast 10.000 Schöpfbrunnen die Stadt mit Wasser, wovon aber nur ein Drittel als Trinkwasser verwendet werden konnte.
Als die Seuche Wien schließlich Ende Juni 1873 erreichte, grassierte sie vor allem in den Elendsvierteln der Stadt, während die Innenstadt nahezu verschont blieb. Mit einem Höhepunkt im August klang die Epidemie erst Ende September 1873 ab – nachdem ihr in Wien insgesamt knapp 3.000 Menschen zum Opfer gefallen waren. Trotz des „nur“ lokalen Wütens der Seuche schreckte sie viele potentielle Besucher der Weltausstellung ab, die dann erst im Herbst kamen, als die Stadt wieder als „gesund“ galt.
– pd –