Gast- und Vergnügungsstätten
Den Besuchern der Weltausstellung standen auf dem Expositionsgelände sowie in Wien und Umgebung zahlreiche Gast- und Vergnügungsbetriebe zur Verfügung. Allein auf dem Ausstellungsplatz gab es rund zwanzig Restaurationen, Bier- und Weinkosthallen, Kaffeehäuser und andere Gastronomiebetriebe.
Eine kulinarische Weltreise
Ob man schwedisch speisen, im Indianerzelt von Afroamerikanern servierte Cocktails trinken oder die Sacher-Restauration am Konstantinhügel besuchen wollte – alles war möglich, die Weltausstellung war nicht nur eine Großschau des technischen Fortschritts, sie bot auch einen Querschnitt durch die internationale Küche. Wer den Orient gastronomisch erkunden wollte, ging ins türkische Café oder in den chinesischen Teepavillon – wer lieber in vertrauten kulinarischen Gefilden blieb, kam ebenfalls auf seine Kosten: im steirischen Weinhaus oder in der ungarischen Csárda, in der Liesinger Bierhalle oder im Pavillon des Pilsener bürgerlichen Bräuhauses. Wer sich in die Höhen französischer oder italienischer Kochkunst wagte, der ging in die Restauration der Frères Provençaux oder in die italienische Restauration des Mailänders Natale Biffi.
Die „Ausziehungs-Methode“
Oft gab es am Ende solcher kulinarischen Ausflüge ein böses Erwachen, nämlich wenn der Kellner die Rechnung brachte. Die astronomischen Preise lösten einen Sturm der Entrüstung aus. Den Rekord dürften laut der Internationalen Ausstellungs-Zeitung die „Excesse“ der Betreiber der russischen Restauration aufgestellt haben, die mehr oder weniger Ungenießbares zu horrenden Preisen servierten.
Die Gazetten waren jedenfalls voll von Berichten über die unverschämt hohen Preise. In der Rubrik „Die Restaurationen auf dem Ausstellungs-Platze“ der Wiener Weltausstellungs-Zeitung ersuchte man mehrmals die Generaldirektion, hier einzugreifen, und einzelne Mitglieder der Ausstellungskommission appellierten auch an die Besitzer der Betriebe, allerdings mit wenig Erfolg. Die Preise wurden erst reduziert, als die Betreiber einsahen, dass „es mit der Ausziehungs-Methode nicht so fortgehen kann“, weil sie damit potentielle Gäste vertrieben. Immer mehr Besucher kehrten nämlich den teueren Restaurationen den Rücken und brachten lieber selbst kaltes Essen und Getränke mit.
Manchmal sorgten allerdings die hohen Preise, die kleinen Portionen und schlechtes, ja verdorbenes Essen für amüsante Szenen. So im Falle des Herrn János Szika, Sängers und Schauspielers am Theater an der Wien. Ihm wurde in der englischen Restauration ein Huhn serviert, das „gar nicht mehr daran dachte, gegessen zu werden und also ruhig in Verwesung übergegangen war.“ Worauf mit dem Mimen sein ungarisches Temperament durchging, sodass er vor allen Anwesenden „das Ding »um d’Erd«“ haute. Weniger lustig schien es bei einer Massenschlägerei in der italienischen Restauration Biffi zugegangen zu sein, wobei letztlich unklar blieb, weshalb es zu der Auseinandersetzung gekommen war. Fest steht jedenfalls, dass Gäste und Kellner sogar das anrückende Militärkommando attackierten. Am Ende mussten sieben Personen festgenommen werden.
„Das ist kein Leben, sondern ein Rausch!!!“
Gemütlicher ging es auf dem Mozartplatz vor dem Musikpavillon zu, wo für die musikalische Unterhaltung gesorgt wurde, die Besucher konnten sich aber auch im neuen, eigens für die Weltausstellung umgestalteten Wurstelprater amüsieren.
Auch in Wien und Umgebung boten sich zahlreiche Vergnügungsmöglichkeiten. Während des Sommers gab es eine Fülle von Bällen, Konzerten, Opernvorstellungen und Theateraufführungen. Besonderer Beliebtheit erfreuten sich die großen Tanz- und Vergnügungsetablissements, wie der „Sperl“ in der Leopoldstadt oder Karl Schwenders „Neue Welt“ und „Alhambra“ in Hietzing.
Den Höhepunkt stellte jedoch das „Weltausstellungsfest“ am 22. August dar. An diesem Tag verwandelte sich der gesamte Prater in eine riesige Vergnügungsstätte. Es war eine Massenveranstaltung sondergleichen, für die musikalische Untermalung sorgten vier Militärkapellen, der Männergesangverein und Johann Strauß Sohn persönlich. In Anwesenheit des Kaisers und des sächsischen Kronprinzen bewunderten über 100.000 Menschen die elektrische Beleuchtung am Ausstellungsplatz.
– ázb –